19.05.2021
(R)echt aktuell
Heute berichten wir über ein aktuelles Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt am Main zur Frage der Haftung, wenn der Notbremsassistenz eines PKW fehlerhaft und grundlos auslöst und es deshalb zu einem Auffahrunfall kommt.
Was war geschehen?
Eine PKW-Fahrerin war 2017 mit ihrem Wagen auf der A5 nahe Frankfurt unterwegs, als der elektronische Notfallbremsassistent das fabrikneue Auto ohne Grund plötzlich bis zum Stillstand abbremste. Ein nachfolgender LKW fuhr daraufhin auf den PKW auf.
Das Urteil 1:
Die PKW-Fahrerin machte ihren Schaden vor dem Landgericht Frankfurt geltend. Dort erhielt sie 1/3 der Schadensumme, in Summe 1.538,39 EUR, zugesprochen. Das Gericht war der Auffassung, dass das plötzliche und unvermittelte Abbremsen des PKW auf der Autobahn bis zum Stillstand eine ganz erhebliche Gefahr dargestellt habe. Der fließende Verkehr rechne bei freier Strecke und mäßiger Verkehrsdichte nicht mit derart verlangsamten Fahrzeugen ohne ersichtlichen Grund, erst recht nicht mit einem vollständigem Abbremsen auf der mittleren von fünf Fahrspuren. Der LKW habe den üblichen Abstand eingehalten und durch eine „geistesgegenwärtige Reaktion“ eine weitaus schwere Kollision vermieden. Dies rechtfertige in Summe eine Haftungsquote von 2/3 zu Lasten der PKW-Fahrerin.
Das Urteil 2:
Das OLG Frankfurt kam in der von der Klägerin angestrengten Berufung zu einem anderen Ergebnis. Nach Abwägung der beiderseitigen Verursachungsbeiträge stünden der PKW-Fahrerin 2/3 Schadenersatz zu. Das Gericht war der Auffassung, dass zu Lasten des LKW ein nicht ausreichender Sicherheitsabstand und eine generell erhöhte Betriebsgefahr deutlich schwerer zu gewichten sind, als das plötzliche und unerwartete Abbremsen des PKW. Da das abrupte Abbremsen alleine auf dem Versagen der technischen Einrichtung ihres Kraftfahrzeuges beruhte, träfe die PKW-Fahrerin auch kein Verschulden. Demzufolge sprach das OLG der Klägerin 2/3 ihres entstandenen Schadens zu.
Unser Fazit:
Die Entscheidung ist unserer Meinung nach vertretbar und zeigt erneut auf, wie wichtig das Einhalten eines ausreichenden Sicherheitsabstands ist. Abgesehen von der schweren Gewichtung durch die Rechtsprechung wie in diesem Fall führen Unfälle, die auf nicht ausreichenden Abstand zurückzuführen sind, oft zu erheblichen Sachschäden und zum Teil schweren Verletzungen bei den Beteiligten.
Das Urteil ist rechtskräftig (OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 09.03.2021 – 23 U 120/20).
Auch bei fremdverschuldeten Unfällen ist es für jeden LKW-Betrieb entscheidend, welche Leistungen in seiner Versicherung enthalten sind.
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